„Zur Bundeswehr? – Ach du Scheiße!“

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Über Jörg Streese gibt ein Ausschnitt aus dem Artikel „Schlechte Noten“ des SPIEGEL in Nr. 16 vom 14. April 1968 eine erste Auskunft:

Mitte vergangenen Monats hatten Jörg Streese, 21, und Michael Schultz, 18, Schüler des Wirtschaftsgymnasiums (WG), gemeinsam mit Christof Köhler, 17, die dritte Nummer der Schülerzeitung »A« herausgebracht, die sie vor Bremer Schulen verteilen ließen. Thema des Faltblatts: »Das faschistische Gesellschaftsbild des Bremer Polizeipräsidenten.«

Faschismus, so warf »A« dem adligen Präsidenten von Bock und Polach vor, habe er praktiziert, als er bei den Bremer Straßenbahnkrawallen »mittels Demagogie eine Pogromstimmung« hervorgerufen habe. Damals hatte Bock seinen Polizisten für den Umgang mit demonstrierenden Schülern empfohlen. »Draufhauen, draufhauen, nachsetzen.«

Zum Text stellten die Schülerredakteure »die lakedämonischen Botschafter« aus der Zeichenfeder des Engländers Aubrey Beardsley. Jugendstilist Beardsley (1872 bis 1898) hatte die drei bloßen Männer mit mächtigen Glied-Maßen bedacht. »A«-Erläuterung: »Demonstranten.«

Empfindliche Hanseaten reagierten darauf prüde: Sextaner-Eltern bezichtigten die »A«-Redakteure der Pornographie und erstatteten Anzeige. Besorgt um fremde Kinder, schloß sich der Asta-Vorsitzende der Ingenieur-Schule an. Die Bundeswehr weigerte sich, eine im selben Blatt erschienene Anzeige („In jeder Einheit … kann ein Mann beweisen, was in ihm steckt“) zu bezahlen, und die Staatsanwaltschaft konfiszierte den Rest der Auflage. »A«, zunächst kostenlos verteilt, wird seitdem unter Bremer Schülern zu Schwarzmarktpreisen gehandelt – zwei Mark das Stück,

»Falls Streese und Schultz nicht von der Anstalt verwiesen werden, heiße ich Meier oder Schmied«, verkündete – laut Flugblatt des »Unabhängigen Schülerbundes« (USB) – der Klassenlehrer von Schultz und Streese im Wirtschaftsgymnasium, Studienrat Friedhelm Schneider.

Schneider bleibt Schneider: WG-Direktor Stahl beurlaubte die beiden Aufsässigen zunächst für eine Woche, dann beschloß die Mehrheit des Lehrerkollegiums ihre fristlose Entlassung.

In der »Lila Eule« – USB-Treffpunkt in Bremens Innenstadt – riefen daraufhin die roten Schuljungen zum Streik auf. Mit Fahrradketten versperrten sie am letzten Schultag vor den Osterferien den Zugang zum Wirtschaftsgymnasium und zum (benachbarten) Alten Gymnasium: 300 Schüler blieben draußen vor der Tür.

(Quelle: Schlechte Noten – DER SPIEGEL. 14.04.1968).

Hier nun der Artikel von Jörg Streese: Zur Bundeswehr? – Ach du Scheiße!